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Engel Aloisius - Ein Münchner im Himmel

von Ludwig Thoma (1911 veröffentlicht), 1962 verfilmt mit der Rezitation von Adolf Gondrell

Alois Hingerl, Dienstmann Nr. 172 am Münchner Hauptbahnhof, erledigte einen Auftrag mit solcher Hast, dass er vom Schlag getroffen zu Boden sank und starb. Zwei Engerln schleppten ihn mit vieler Mühe in den Himmel, wo er vom heiligen Petrus empfangen wurde.

 

Petrus eröffnete ihm zuerst, dass er von nun an auf den Namen "Engel Aloisius" zu hören habe, überreichte ihm eine Harfe und machte ihn mit der himmlischen Hausordnung bekannt: "...von morgens 8 Uhr bis mittags 12 Uhr: frohlocken; von mittags 12 Uhr bis 8 Uhr abends: Hosianna singen."  "Was is?"  "Von morgens 8 Uhr bis mittags 12 Uhr frohlocken - von mittags 12 Uhr bis 8 Uhr abends: Hosianna singen!"  "So - hmhm - ja, wann kriag na i was z'trinka?"  "Sie werden Ihr Manna schon bekommen", sagte Petrus leicht indigniert und ließ ihn stehen. "Auweh! Des werd' sche fad - mei Liaba, da moan i ollawei, da bin i neitret'n! Frohlocken?! A-a-a, eahm schaug o: frohlock'n müaßat i da herobn ... i hab gmoant, i kumm in Himmi...?!"

 

Und während er noch so vor sich hinbrummelte, sah er plötzlich einen roten Radlerengel auf sich zukommen und sofort erwachte in ihm die alte Wut auf diese vermeintliche Erdenkonkurrenz und er schrie den roten Radlerengel an: "Ja, seids ehs a da herobn, ehs Hundsbuabn, ehs miserabligen?! Lass di do bloß net bei mir blicka, gell? Sonst fangst a paar!" Und für alle Fälle versetzte er dem roten Radlerengel ein paar kräftige Hiebe mit dem erarischen Himmelsinstrument. Daraufhin war ihm bedeutend wohler, und er setzte sich, wie ihm befohlen, auf eine Wolke und begann zu frohlocken: "Halleluja, Halleluja, Halleluja, Halleee-luja ..."

 

Ein völlig vergeistigter Engel schwebte an ihm vorüber. "Hallo, Sie! Hallo, pssst - hallo, ham's koan Schmaizla? An Schnupftabak - ham's nix? A Pris? Geh weida, fahr oane her!"  Der Durchgeistigte sah ihn nur völlig entgeistert an, lispelte nur "Hosianna!" und flog von hinnen.

 

"Ja, ja, was is jetzt des für a Depp für a damischer? Ja, na, na, na na hast hoit koan Schmaizla, wenn ma scho anständig fragt, werd ma doch a anständige Antwort kriag'n kenna, gscherte Ruab'n, gscherte, - Eng'l... boaniger!!! Mei Liaber, da werd a so a Zeigl herom sei! A-a-a-a, was steh i aus!"

 

Und er setzte sich wieder auf seine Wolke und begann erneut zu frohlocken; allerdings bedeutend zorniger! "Halleluja, Luja, Luja sag i - zäfix Halleluja, Luja!!!"

 

Er schrie so, dass der liebe Gott nebenan von seinem Mittagsschlaf erwachte... und ganz erstaunt fragte: "Ja, was ist denn da für ein Lümmel heroben?"

 

Er schickte sofort zu Petrus, der kam angerast, und sie hörten zusammen den Engel Aloisius frohlocken: "Luja! Sacklzementhalleluja, luja, sag i - Mei Liaber: Luja!!!"

 

Petrus raste los und schleppte den Aloisius vor den lieben Gott.

Der sah ihn sich lange an - drauf sprach er: "Aha - ein Münchner! Ja sagen Sie mal, warum plärr'n Sie denn da heroben so unanständig?"

 

Da kam er beim Aloisius aber grad an den Richtigen! Der war mitten drin in der Wut und legte nun los: "Ja, ja was glaub'n denn Sie! Weil mir da herob'n im Himmel san da, da müaßat I da singa wia a Zeiserl, was? Waas? Und z'trinka kriagat i überhaupts nix - mei Liaber: a Manna hat er g'sagt, a Manna kriagat i! Mei Liaber, da wennst ma net gehst mit Dei'm Manna, gell, den kennts selber saufa, des sag i Eich, aber i trink koan Manna, dass Di auskennst! Und singa tua i überhaupts net, i hab no nia g'sunga, da sing i erst recht net..."

 

"Petrus", sagte der liebe Gott, "mit dem können wir hier nichts anfangen. Nun, für den habe ich eine andere Aufgabe - der soll meine göttlichen Ratschläge der Bayerischen Regierung überbringen. Auf diese Weise kommt er jede Woche ein- oder zweimal nach München - und dann hat die liebe Seele ihre Ruhe..."

 

Als Aloisius das hörte, war er sichtlich froh. Er bekam auch gleich den ersten Auftrag - einen Brief - und flog damit los.

 

Und als er plötzlich Münchner Boden unter den Füßen fühlte, da war es ihm, als sei er im Himmel.

 

Und einer alten Gewohnheit gemäß führte ihn der Weg hin zum Hofbräuhaus, und er fand seinen Stammplatz wieder,

fand den Stammplatz leer, und die Kellnerin, die Kathi, kam auf ihn zu... und er bestellte sich eine Maß, und bestellte sich noch a Maß,

und er vergaß seinen Brief und seinen Auftrag, und b'stellt sich no a Maß, und no a Maß und no oane... und da sitzt er heit no.

 

Und so wartet die Bayerische Regierung bis heute vergeblich auf die göttlichen Eingebungen.

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