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Vorgeschichte Münchens

Sentilo, Gründer von Sendling, Munichkindl, Bajuwaren, München, Germanen, Kelten, Agilolfinger, Münchner Stadtgeschichte

Nachdem der letzte römische Kaiser Romulus Augustulus abgesetzt wurde und die Soldzahlungen in Raetia ausblieben, verließen 488 n. Chr. die provinzialrömischen Bewohner die nördlich der Alpen liegenden Provinzen. Auf Befehl des Odoaker, dem rex Italie (König von Italien), zogen sie über die Alpen zurück in den Süden. Nach dem Zusammenbruch der römischen Herrschaft und der weitgehenden Entvölkerung des Landes überschritten germanische Stämme immer häufiger die nördlichen Grenzen des ehemals römischen Reichs. Damals gründeten oder übernahmen Sentilo und Truhther und viele andere germanische Sippenchefs, kleine Siedlungen, die nach ihnen benannt wurden - Sentilinga (Sendling) und Truhtheringa (Trudering).

 

Diese eingedrungenen Germanen bilden mit den bereits ansässigen romanisierten Kelten über Jahrhunderte hinweg den Stamm der Bajuwaren oder Baiern. Der Name der Baiern lautete ursprünglich keltisch-germanisch "baio-warioz", wobei hinter dem "baio" der Name des keltischen Stammes der Boier steckt, der auch in der Bezeichnung der Region Böhmen enthalten ist. Das Zweitwort "warioz" oder "ware" entspricht der indogermanischen Bezeichnung für Mann. Die Bajuwaren sind deshalb übersetzt die „Männer, die aus Böhmen kamen". Diese Baiern besiedelten damals neben Altbayern den Großteil Österreichs und Südtirols.

 

Um 530 lässt sich die Besiedlung des heutigen Münchner Stadtgebietes durch Bajuwaren nachweisen. Die bedeutendste und größte bajuwarische Siedlung am Zufluss der Moosach war Feldmoching.

 

Nachgewiesen sind auch zwei Höfe einer bajuwarischen Siedlung im Münchner Nordosten bei Johanneskirchen (beim Wertstoffhof nahe der S-Bahn). Die Außenwände bildeten Holzbretter oder ein Flechtwerk, das mit Lehm abgedichtet wurde. Im Inneren der Häuser gab es Räume für Menschen, Tiere und Vorräte. Geheizt wurde mit einer offenen Feuerstelle und der Fußboden war gestampfter Lehm, das Dach war mit Stroh gedeckt. Bei diesem Bajuwarendorf in Johanneskirchen fand man mehrere kleine Friedhöfe, die den jeweiligen Gutshöfen zugeordnet waren.

Erst 2016 wurden in Pasing auf einem rund 1.000qm großen Areal an der Josef-Retzer-Straße ein Reihengräberfelder mit 140 Bestattungen freigelegt. Diese Ausgrabung ist wohl nur kleiner Ausschnitt aus dem Friedhof der bajuwarischen Ur-Pasinger mit möglicherweise bis zu 1.000 Bestattungen aus dem Ende des fünften bis zum Ende des siebten Jahrhunderts. Die Bestatteten waren vermutlich bereits Christen, da alle Gräber in Ost-West-Ausrichtung angelegt wurden. Dennoch gab man damals, ganz nach den alten keltischen Bräuchen, den Toten Gegenstände des täglichen Lebens mit ins Grab. Einem um 500 n. Chr. verstorbenen Kind wurden bunte Glasperlen und römischer Bronzeschmuck mit ins Grab gegeben. Gleich neben an wurde ein bajuwarischer Krieger mit seinen Waffen bestattet und für Baiern eher unüblich gab es in villa Pasingas auch ein Pferdebestattung.

 

Egal ob bajuwarische Bauern, Krieger oder Handwerker - damals trugen die Männer keine Leder- sondern Leinenhosen, darüber ein knielanges Gewand mit Gürtel und zeigten durch Schwert und Sporn ihren Rang an. Da die Kleidung damals noch ohne Taschen war, trugen die Männer auch einen Lederbeutel am Gürtel, in dem sie Messer und Feuersteine verstauten. Am Gürtel hing außerdem noch die Sax, ein Hiebmesser. Ihre Frauen trugen Halsketten aus bunten Glasperlen, bronzene Schleifenohrringe und Amulette aus Metall, Knochen oder Bergkristall. Mit diesen Amuletten konnten sie drohendes Unheil und das Böse fernhalten. Anders als Ihre Vorfahren die Kelten, die Pferde- und Hundebraten sehr schätzten, war den Bajuwaren alles genehm, was sie in freier Wildbahn erlegen konnten. Vom Reh- oder Hirschbraten, Wildschwein, Fasan, Feldhase oder Braunbär wurde alles gerne verspeist. Beliebt war auch der Bieber, nicht nur des Fleisches wegen, sondern auch wegen dessen Drüsensekrets, das "Biebergeil" genannt wurde und als Hausmittel gegen vielerlei Leiden als auch als baierisches Potenzmittel zum Einsatz kam.

 

Das älterste baierische Stammesherzogtum der Agilolfinger entstand 555 n.Chr. Als Stammvater wird ein gewisser Agilulf vermutet, von dem jedoch keinerlei Lebensdaten bekannt sind. Garibald I.      (* nach 540; † um 593) war der erste namentlich bekannte Herzog von Baiern, der damals in Regensburg residierte. Der Stamm der Agilolfinger trieb die Christianisierung und Siedlungspolitik Baierns voran. Das bajuwarische Herzogtum pflegten schon früh politische Beziehungen zu den Franken sowie zu den Langobarden (über den Alpen im Süden) und versuchte die damaligen Übergriffe der Slawen und Awaren abzuwehren. 

 

Der Stamm der Bajuwaren entsteht

488 bis 700 n.Chr.

Abbildung: Sentilo der germanische Sippenchef gründet um 500 n.Chr. mit seinen Mannen eine kleine Siedlung nicht unweit vom Flaucher - 779 n.Chr. wird „Sentilinga“ (Siedlung bei den Leuten des Sentilo) erstmals urkundlich erwähnt

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